Studienfinanzierung in Corona-Zeiten – das gibt’s vom Staat!

9. Juni 2021: Glück hat, wessen Familie komplett für den Lebensunterhalt während des Studiums aufkommen kann! Ein Nebenjob ist dann keine Notwendigkeit, sondern eine Möglichkeit, Berufserfahrung zu sammeln; ein Stipendium bedeutet in erster Linie eine Auszeichnung. Diese komfortable Situation ist aber nicht die Regel. Die meisten Studierenden müssen sich einen Job suchen, Stipendien einwerben, einen Kredit aufnehmen oder auf staatliche Unterstützung zurückgreifen, die unter gewissen Voraussetzungen gewährt wird. Oliver Iost von Studis Online beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den komplexen Regelwerken der öffentlichen Finanzhilfen für Studierende. Im Digital SMARTis Club hat er die verschiedenen Möglichkeiten, in Corona-Zeiten Geld vom Staat zu erhalten, übersichtlich vorgestellt. Wer nicht dabei sein konnte, bekommt hier die Zusammenfassung! 

1. Angepasste BAföG-Regeln

Die bekannteste Form staatlicher Beihilfe wird im Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) geregelt und auch so genannt. Die Sozialleistung gibt es seit 1971 und steht denjenigen zu, deren Eltern nicht ausreichend für den Unterhalt während der Ausbildung oder dem Studium aufkommen können. Darum muss für einen Antrag sowohl die eigene als auch die finanzielle Situation der Eltern offengelegt werden. Sofern diese keine Auskunft geben oder einer festgestellten Unterhaltspflicht nicht nachkommen, kannst Du beim Förderungsamt eine Vorausleistung beantragen.

Im Höchstsatz von 861 Euro sind pauschale Beträge für Miete, Lebensunterhalt und Krankenversicherung enthalten. Je nach Höhe eigener Einkünfte (über dem Freibetrag von 450 Euro), eigenem Vermögen (über 8.200 Euro am Tag der Antragstellung), dem Einkommen der Eltern sowie im Fall einer Krankenversicherung über die Eltern werden jedoch Abzüge vorgenommen. Die tatsächliche Höhe der Förderung kann darum deutlich geringer ausfallen. Mit dem BAföG-Rechner kannst Du vorher ermitteln, wie viel Geld du monatlich zu erwarten hast.

Grundsätzlich gilt für den BAföG-Anspruch: Es wird bis auf wenige Ausnahmen nur die erste Ausbildung gefördert (inkl. Master, wenn er auf dem Bachelor-Studiengang aufbaut und nahtlos anschließt). Einen Rechtsanspruch haben neben deutschen auch ausländische Studierende, allerdings nur, wenn sie dauerhaft (und nicht nur für ihre Ausbildung) in Deutschland leben. Es sind regelmäßig Leistungsnachweise zu erbringen, und die Förderung wird maximal für die Regelstudienzeit gewährt. Im Zuge der Corona-Pandemie wurde dieser Zeitraum nun erweitert. Je nach Bundesland können ein bis drei zusätzliche Semester BAföG bezogen werden, mit entsprechender Verlängerung der Fristen für die Leistungsnachweise. Einen Überblick findest Du hier.

Weitere „Corona-Änderungen“ betreffen Einkünfte aus systemrelevanten Tätigkeiten, die nicht oder weniger angerechnet werden, „Online-Auslandsaufenthalte“ und „Online-Lehre“ sowie die Möglichkeit, bestimmte Nachweise nachzureichen.

Wichtig zu wissen ist außerdem: Nur die Hälfte der Förderung gibt es für Studierende und Auszubildende geschenkt. Die andere Hälfte ist ein zinsloses Darlehen, das Du nach dem Studium in festen Raten zurückzahlst, wenn Du ein festes Einkommen über 1.260 Euro (1.330 Euro ab Oktober 2021) beziehst. Sofern Du erst ab 1. September 2019 BAföG beziehst, wird Dir zudem nach 77 Raten die Restschuld erlassen, so dass Du maximal rund 10.000 Euro zurückzahlen musst.

Übrigens läuft zurzeit eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, die feststellen soll, ob die Bedarfssätze mit Blick auf ihre Berechnung und Höhe verfassungsgemäß sind. Das Urteil ist allerdings erst in einigen Jahren zu erwarten. Angenommen wird außerdem, dass auch im Fall einer aktuellen Verfassungswidrigkeit keine rückwirkenden Ausgleichszahlungen für alle heutigen BAföG-Beziehenden erfolgen. Ein Widerspruch gegen den Bescheid mit Verweis auf diese Prüfung ist trotzdem möglich und sichert Dir vielleicht einen zukünftigen Anspruch.

2. Bis September 2021: Corona-Überbrückungshilfe

Unabhängig vom BAföG – die Leistungen werden auch nicht gegeneinander angerechnet – wurde die Corona-Überbrückungshilfe für Studierende „in pandemiebedingten Notlagen“ eingerichtet. Maximal 500 Euro im Monat können über die zentrale Website als Zuschuss beantragt werden, der nicht zurückgezahlt werden muss – jeden Monat neu, unter gewissen Voraussetzungen:

  1. Du musst nachweislich in einer durch die Corona-Pandemie entstandenen Notlage sein – also glaubhaft machen, dass Du Deinen Job aus diesem Grund verloren hast oder keinen finden konntest, dass Deine Eltern Dich aufgrund von Einkommenseinbußen nicht mehr (oder weniger) unterstützen können oder Aufträge aus Deiner selbständigen Tätigkeit ausbleiben. Liegt der Jobverlust länger zurück, musst Du zeigen, dass Du Dich bemüht hast, Deine Notlage zu überwinden.
  2. Auf all Deinen Konten – inkl. PayPal, Depots (Wertpapiere, Cryptowährungen) – müssen unter 500 Euro zur Verfügung stehen, besser sogar unter 100 Euro. Stelle also sicher, als Stichtag für Deine Kontoauszüge einen Termin zu wählen, an dem die Miete und andere Fixkosten bereits bezahlt sind!

Einzureichen sind für alle Dir zuzuordnenden Konten jeweils vollständige Kontoauszüge des letzten Monats vor der Antragstellung sowie für den laufenden Monat, sodass der aktuelle Kontostand am Vortag des Antrags (bzw. letzten Bankarbeitstag vor der Antragstellung) erkennbar ist. Außerdem musst Du eine aktuelle Immatrikulationsbescheinigung für das laufende Semester, eine Kopie des Personalausweises bzw. Reisepasses mit Meldebestätigung, die Bankverbindung sowie Selbsterklärungen zum Studienabschluss und weiteren beantragten, pandemiebezogenen Unterstützungen abgeben. Zum Nachweis der pandemiebedingten Notlage kannst Du z.B. Kündigungsschreiben bzw. einen Nachweis über das Ruhen des Arbeitsverhältnisses oder Absageschreiben nach erfolgten Bewerbungen ergänzen.

3. Der KfW-Kredit

Die staatliche KfW-Bank bietet Studierenden ein günstiges Darlehen von bis zu 650 Euro im Monat, das aktuell mit 4,08 % p.a. verzinst wird. Es kann von allen, die höchstens im 10. Fachsemester sind, für mindestens 6 Monate beantragt und je nach Studiengang maximal 3-7 Jahre bezogen werden. Normalerweise werden die anfallenden Zinsen stets mit den Auszahlungsbeträgen verrechnet, die entsprechend niedriger ausfallen. Im Zuge der Corona-Pandemie wird das Darlehen während der Ausschüttungsphase noch bis Dezember 2021 zinsfrei gewährt. Konkret heißt das: Bis dahin bekommst Du monatlich Geld, ohne dass Zinsen anfallen. Nach jetzigem Stand werden aber ab 1. Januar 2022 für die gesamte aufgelaufene Schuldensumme die aktuellen Zinsen anfallen und mit etwaigen weiteren Ausschüttungsraten verrechnet. Weitere Informationen zum KfW-Studienkredit findest Du hier.

Weitere Möglichkeiten jenseits staatlicher Hilfe

Die Corona-Hilfen für Studierende sind aufgrund aufwändiger Antragsverfahren, bürokratischer Hürden und des zusätzlichen Verschuldungsrisikos (beim nur während der Ausschüttung zinsfreien KfW-Kredit) vielfach kritisiert worden. Es lohnt sich deswegen, alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu prüfen, etwa Nebenjobs in Impfzentren, Gesundheitsämtern, Testzentren, im Handel oder – ganz aktuell – in der wiederauflebenden Gastronomie und der Tourismusbranche. Selbst, wenn die Tätigkeit auf den ersten Blick wenig mit dem angestrebten Berufsziel gemein hat: Du zeigst, dass du in Krisensituationen flexibel bist und Dich den Umständen anpasst, dass Du Dir also dort einen Platz suchst, wo man Deinen Einsatz braucht. Was bis vor Kurzem als vermeintlich „nebensächlicher“ Verdienst im Lebenslauf besser gar nicht erwähnt werden sollte, lässt sich heute als Krisenmanagement und Pandemiebewältigung erklären und zahlt sich bestenfalls sogar aus – nicht nur finanziell! Übrigens: Auch im Ehrenamt erhältst Du oft eine Aufwandsentschädigung und kannst bestenfalls etwas Sinnstiftendes machen. Wir drücken Dir die Daumen, sowohl für Deine Anträge als auch für Bewerbungen!