Inhouse Konzert mit Berliner „SMARTi“ in Hamburg

Juni 2022: In den letzten drei Jahren sind wir Giovani Biga aus dem David Friedländer Haus immer wieder bei unseren Events in Berlin begegnet. Bei einer Spree-Fahrt mit Picknick ebenso wie in der Emil Nolde Ausstellung oder einer Führung in Hohenschönhausen. Von diesen Treffen wussten wir von seinem Ausnahmetalent als Violinist, das er gerade mit einem zweiten Master an der Hochschule für Musik Hanns Eisler perfektioniert. Im Lockdown hat er uns bereits mit einem musikalischen Gruß aus seiner Heimat Indonesien eine Kostprobe seines Könnens serviert. Bisher hatten wir aber keine Chance, ihn „in Präsenz“ zu erleben. Die Namensgebungsfeier des Herbert Weichmann Hauses hat endlich den passenden Anlass geboten! Am 9. Juni hat er im Gemeinschaftsraum, zusammen mit einem Streichquartett aus Hamburger Musikern, ein erstklassiges Konzert gegeben! Felix Mendelssohn Bartholdys Violinkonzert in d-Moll ist „scheiße schwer“ (O-Ton einer anderen professionellen Geigen-Virtuosin), aber ein Fest für die Ohren (einen Link zu einem Ausschnitt gibt’s unten).

Erinnerung an den früheren Ersten Bürgermeister mit hohem Besuch aus dem Rathaus

Bei der Namensgebungsfeier, die in erster Linie der Erinnerung an den früheren Ersten Bürgermeister Herbert Weichmann galt, gab es aber noch mehr als Musik zu erleben: Die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, Carola Veit, ist auch stellvertretende Vorsitzende der Herbert und Elsbeth Weichmann-Stiftung. Sie fand die richtigen Worte, um die Verdienste des Hamburger Ehrenbürgers zu würdigen und einen Bogen in die Gegenwart zu spannen „Herbert Weichmann lebte mit seiner Exilerfahrung nach dem Grundsatz, dass nur dem ‚Bestehenden die Bausteine für das Bessere‘ zu entnehmen sind. Diesen Ansatz, aus dem Hier und Heute eine bessere Zukunft zu erschaffen, sollten wir uns alle zu Herzen nehmen.“ Prof. Dr. Julius H. Schoeps, Vorstandsvorsitzender der Moses Mendelssohn Stiftung, erläuterte in seinem Redebeitrag die Bedeutung des Engagements für die deutsch-jüdische Erinnerungskultur und nannte auch Weichmanns Rolle als Ehrensenator der Universität als Grund für die Namensgebung. Zum Hintergrund: SMARTments student werden im Auftrag der Moses Mendelssohn Stiftung von der Unternehmensgruppe NORD PROJECT GBI entwickelt und von der FDS gemeinnützige Stiftung betrieben. Jedes unserer heute 22 Häuser trägt einen Namen, der im deutsch-jüdischen Kontext von Bedeutung ist. Das erste Haus wurde 2012 nach dem Völkerrechtler Albrecht Mendelssohn Bartholdy benannt und feiert in diesem Jahr 10-jähriges Jubiläum. In direkter Nachbarschaft hat zum Wintersemester 2021/2022 das Herbert Weichmann Haus mit 174 Apartments für Studierende und Auszubildende eröffnet. Es ist der dritte Standort in Hamburg, nachdem 2016 das Ebba Simon Haus am Berliner Tor bezogen wurde. Der Jurist Herbert Weichmann, in einer liberalen jüdischen Familie aufgewachsen, war ab 1920 Mitglied der SPD und avancierte im preußischen Staatsdienst zu einem wichtigen Rechtsberater. Durch das NS-Gesetz zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ verlor er 1933 sein Amt und floh mit seiner Frau Elsbeth ins Exil. Auf Bitten des damaligen Hamburger Regierungschefs Max Brauer kehrten sie 15 Jahre später nach Deutschland zurück. Nach Stationen als Präsident des Rechnungshofes und als Finanzsenator war Herbert Weichmann von 1965 bis 1971 Erster Bürgermeister der Hansestadt. Meilensteine seiner Regierungszeit waren zukunftsweisende Bau- und Infrastrukturprojekte wie der Hamburger Fernsehturm und das Kongresszentrum, die Einrichtung der Justizbehörde sowie Weichenstellungen für die wirtschaftliche Bedeutung des Hafens.

Zukunftsweisende Quartiersentwicklung durch die beteiligten Entwickler

Prof. Bernhard Winking, dessen Architekturbüro das SMARTments student geplant hat und der Weichmann in den 1960er Jahren als junger Dozent kennen und schätzen lernte, berichtete von seinen Begegnungen und ergänzte eine persönliche Perspektive auf den Namensgeber. Die Geschäftsführer der NORD PROJECT GBI wiederum verwiesen auf den Zusammenhang des Herbert Weichmann Hauses mit einer bereits seit zehn Jahren laufenden Quartiersentwicklung. Um einen grünen Innenhof mit Spielplätzen entstehen im Münzviertel u.a. auch eine von der Stiftung Azubiwerk betriebene Wohnanlage für Studierende sowie geförderte und freifinanzierte Wohnungen für Familien. Im Zentrum wird bis 2023 außerdem eine historische Immobilie kernsaniert, die weitere Möglichkeiten zur Begegnung, u.a. eine Fahrrad-Reparaturwerkstadt und Co-Working-Bereiche, bieten soll.

Lebendige Community mit vielen Begegnungsmöglichkeiten

Bis dahin stehen der Community des Herbert Weichmann Hauses der ca. 100qm große Gemeinschaftsraum, ein kleinerer Lernraum und eine weitläufige, sonnige Terrasse zur Verfügung.

Dort hat am 9. Juni übrigens auch der an das offizielle Programm anschließende Empfang stattgefunden, denn das Wetter hat perfekt mitgespielt! Später haben die externen Gäste noch das Haus besichtigt, in dem auch eine Dauerausstellung über die Weichmanns zu sehen ist. Es handelt sich um einen Teil der Ausstellung „Flucht ins Ungewisse. Hamburger Persönlichkeiten im Exil“, einer Kooperation der Körber-Stiftung und der Herbert- und Elsbeth Weichmann-Stiftung, die 2019 im Hamburger Rathaus gezeigt wurde. Wir freuen uns sehr, dass die Stiftungen uns die Druckvorlagen für die Ausstellungstafeln überlassen haben!

Je später der Abend, desto jünger die Gäste

Als die auswärtigen Besucherinnen und Besucher, dem Studien- und Ausbildungsalter zumeist länger entwachsen, sich nach und nach verabschiedeten, blieben die Mitglieder der Community zum „After-Show-Get-Together“, das dank reichlich vorhandener Verpflegung bis lange in die Nacht ausgedehnt wurde.

Als Fußnote ist noch anzumerken, dass wir Giovani leider nicht allzu bald wieder live erleben können. Im Herbst übernimmt er eine Professur und eine Orchesterleitung in Jakarta, wechselt also nahtlos vom Studium in Amt und Würden. Er hat es verdient und wir wünschen ihm alles Gute – werden ihn aber vermissen! Wie gut er (und die Akustik des Gemeinschaftsraums ist), zeigt Euch dieser Ausschnitt aus dem fulminanten Konzert vom 9. Juni.